Geschichte

Elferrat vs. Bürgermeisterin

Rathausstürmen kann jeder! Statt die Bürgermeisterin am 11.11. mit Konfettigewalt aus ihrem Amtssitz zu vertreiben, setzen die Lübzer Narren seit einigen Jahren auf die Stadtwette. Dieser Wettstreit, bei dem sich Elferrat und Bürgermeisterin abwechselnd herausfordern, ist mittlerweile zu einer beliebten Tradition geworden und hat schon einiges an Kuriositäten hervorgebracht. So hat man den Lübzer Elferrat Ziegen treibend, auf nostalgischen Treckern oder mit DDR-Mopeds zum Rathaus ziehen sehen. Die Bürgermeisterin musste eine Wimpelkette quer durch die ganze Stadt spannen, quadratmeterweise Blechkuchen backen oder sich mit einer Drehleiter aus dem Dachstübchen des Amtsturms retten lassen.

2012 hieß es „Sport frei“ bei der Saisoneröffnung auf dem Marktplatz – der Elferrat musste elf Eltern-Kind Paare finden, die bei elf verschiedenen Aufgaben sportlich aktiv werden und ihre Geschicklichkeit unter Beweis stellen. Das schönste an der Stadtwette ist, dass es eigentlich nur Gewinner gibt: Der Stadtschlüssel hat bisher unabhängig vom Wettausgang immer friedlich den Besitzer gewechselt, der Wetteinsatz ist fest für einen gemeinnützigen Zweck bestimmt und auch das Publikum kommt in jedem Fall auf seine Kosten.


Auf der Reeperbahn nachts um halb eins…


Am 9. November 1989 saß der Elferrat abends noch beisammen, nicht ahnend, dass auch für den Lübzer Karneval gerade neue Zeiten anbrachen. Die Wahl des Mottos für die 37. Saison, auf das man sich zwei Tage darauf, am 11.11., einigte, stand dann auch ganz im Zeichen der jüngsten Ereignisse: „In die Große Freiheit!“ Das Ziel des nächsten Elferratsausflugs war damit ebenfalls schon beschlossene Sache: Im Januar 1990 ging es nach Hamburg, St. Pauli.

Lübzer Karnevalclub ‘54 e. V.
In der DDR fungierte der Lübzer Karneval als Einheit im Lübzer Sportverein. Als mit der Wiedervereinigung die Gründung eines eigenen Vereins möglich wurde, entschloss sich die Mitgliederversammlung am 13. Oktober 1990, den „Lübzer Karnevalclub ‘54“ zu gründen. Das Amstgericht erkannte die erarbeitete Satzung am 20. Oktober 1990 an. Mit der Eintragung des LKC in das Vereinsregister am 2. Mai 1991 durften wir auch die Bezeichnung e. V. für eingetragener Verein im Namen tragen. Ebenfalls im Mai 1990 wurde der LKC ‘54 Mitglied im Bund Deutscher Karneval.

Kulturaustausch
Die Wende brachte auch die Städtepartnerschaft mit Halstenbek in Schleswig-Holstein mit sich. Die Lübzer Narren ließen es sich nicht nehmen, 1992 und in den Jahren darauf nach Halstenbek zu fahren und den Schleswig-Holsteinern zu zeigen, wie man in der Partnerstadt Karneval feiert. Laut der örtlichen Zeitung für Halstenbek/Rellingen sorgten die Büttenreden, die Musik des Jagdblasorchesters und vor allem die „schwungvollen Tanzdarbietungen“ der Garden, deren leichte Bekleidung sehr positiv auffiel, für „Begeisterungsstürme“ im Publikum.

Straßenkarneval: Wir ziehen um!


1978 fand anlässlich des 25. Jubiläums der erste Lübzer Karnevalsumzug statt. Die Lübzer schienen darauf nur gewartet zu haben, sie waren mit vollem Einsatz dabei. Ganz euphorisch beschloss der Elferrat danach, den Umzug von nun an jährlich durchzuführen. Der zweite Umzug 1979 sorgte dann aber für leichte Ernüchterung – es erwies sich als unmöglich, jedes Jahr genügend Teilnehmer und Zuschauer zu mobilisieren. Der nächste Umzug wurde deshalb erst auf den 30. Lübzer Karneval 1983 gelegt. Seitdem finden die Umzüge in Lübz im Fünf-Jahres- Rhythmus statt.


Mit jeweils ca. 100 Wagen, 1.500 aktiven Teilnehmern, 20 Musikgruppen, 15 Gastvereinen und 15.000 Zuschauern gehörten die letzten Umzüge zu den größten im ganzen Land – eine Leistung vor allem der vielen Karnevalsfreunde aus Lübz und Umgebung, die mit ihren kreativen Gefährten und fetzigen Darbietungen für Stimmung sorgten.

Die Garden des Lübzer Karnevals

Hacke, Spitze, hoch das Bein!

Die erste Lübzer Garde war die Große Garde. Mit jeweils 11 Mädchen und Jungen marschierte sie 1962 erstmals vollständig im Karnevalspalast ein.Die Kleine Garde formierte sich 1972 aus den Töchtern der Elferräter. Mit dem damals populären „Memphis“ brachten sie zum ersten Mal einen Tanz auf die Bühne.


Zur Großen und Kleinen Garde kam in den 80er Jahren die Funkengarde hinzu, in der Mädchen, seit einigen Jahren auch Jungen im Alter zwischen 13 und 18 Jahren tanzen. Besonders geprägt wurden die Lübzer Garden von Inge Neumann. Unter ihrer Leitung von 1977 bis 1990 gewannen die Tänze eine ganz neue Qualität. Zunächst wurden ausschließlich Märsche eingeübt – das heißt Beine schmeißen im Viervierteltakt. Den ersten Showtanz „Holzhacker“ in passenden Kostümen präsentierte die Kleine Garde 1980. Drei Jahre später tanzte die Große Garde in ihrer ersten Show Rock‘n‘Roll. Seit 1990 werden die Garden von aktiven oder ehemaligen Tänzerinnen trainiert; darunter waren auch Thila und Carmen Neumann, Tochter bzw. Schwiegertochter von Inge Neumann.


Die Garden schaffen es jedes Jahr wieder, mit ihren Märschen und vor allem mit ihren Shows passend zum Motto die Halle zum Beben zu bringen. Auch außerhalb des Karnevalspalastes beweisen sie ihr Können, zum Beispiel regelmäßig beim Landespräsidententreffen der Karnevalsvereine, bei der Badewannenrallye in Plau und beim Fasching im Altersheim oder zuletzt beim BJKVolleyballturnier in Ganzlin, auf dem Lübzer Weihnachtsmarkt und bei anderen großen und kleinen Festen und Feiern.

Kleine Narren ganz groß


Kinder haben einen festen Platz im Lübzer Karneval – ob beim Kinderkarneval, früher beim Kinderfest oder neuerdings beim Lampionumzug.


„Der Elferrat kann nichts anderes als feiern und saufen!“ hieß es Ende der 60er Jahre in einigen Kreisen der Stadt. Das ließ sich der Elferrat nicht zweimal sagen und rief, nachdem 1967 schon der erste Kinderkarneval stattgefunden hatte, das Lübzer Kinderfest ins Leben. Im Juni 1970 marschierte eine bunte Truppe von Schülern, Kindergartenkindern, Eltern und Großeltern, bunt geschmückt und begleitet von einer Musikkapelle, vom Markt hoch zum Neuen Teich. Dort warteten Spielstände und Losbuden, hungrig oder durstig blieb auch niemand. Das Kinderfest im Neuen Teich begeisterte Groß und Klein und war fortan ein jährlicher Höhepunkt für die Familien in Lübz. Nach der Wende wurden die Feierlichkeiten zum Kindertag mit dem Stadt- und Schützenfest zusammengelegt und finden nun im Stadtpark statt.


Laterne, Laterne, Sonne, Mond und … Narren!
2012 befand der Lübzer Elferrat dann erneut, dass der närrische Nachwuchs nicht nur beim Kinderkarneval auf seine Kosten kommen sollte und lud erstmals zum karnevalistischen Laterne gehen ein. So schlängelte sich am 30. Oktober ein hunderte Meter langer Lampionzug durch die Stadt, angeführt vom Lübzer Fanfarenzug. Danach warteten auf dem Marktplatz noch Feuerschalen zum Wärmen und Knüppelkuchen backen, Snacks und heiße Getränke. Um die 500 Teilnehmer kamen, was alle Erwartungen übertraf. Petrus schickte zwar kaltes, aber immerhin trockenes Wetter und von allen Seiten gab es Unterstützung: die Mitarbeiter der Stadt halfen bei der Organisation, die Feuerwehr sorgte dafür, dass nur Kerzen und Lagerfeuer brannten und die Polizei bremste vorübergehend Autofahrer auf der Laternen-Route aus. Nach dieser gelungenen Premiere wird der Elferrat kaum drum herum kommen, 2013 den 2. LKC-Lampionumzug anzuzetteln
.




Klamme Kassen, keine Kohle…


Die Sektbar
Unser Wappentier ist glücklicherweise der Lachende Büffel und nicht der Pleitegeier – der Finanzminister des Elferrates ist trotzdem nicht zu beneiden. Kostüme und die Ausstattung des Saales, um nur die größten Posten zu nennen, verschlingen jede Saison große Summen, und wie fast überall ist auch beim LKC das Geld meistens knapp.

Um die Kasse zu füllen, führte der Elferrat 1961 eine eigene Sektbar im Karnevalspalast ein. Der Durst der Närrinnen und Narren war wie erwartet groß und die Bar ein Erfolg. Bis zu 1.000 Flaschen Sekt gingen pro Saison über den Tresen. Eine solche Menge Sekt, die dazugehörigen Gläser und exotische Früchte, die mit ausgeschenkt wurden, passten natürlich unter keinen Ladentisch

 – der Elferrat musste einiges in Bewegung setzten, um genügend Vorräte anzuhäufen. Da wurden schonmal alle Lebensmittelgeschäfte im gesamtem Landkreis abgeklappert, ganze LKW-Ladungen Sekt aus Sachsen eingeführt oder mit dem Rat des Kreises um Berechtigungsscheine für den Kauf gefrorener Ananas gefeilscht. Kurz vor der Wende wurde der Sekt wegen akuter Glasnot in Saftgläsern ausgeschenkt, denn Sektgläser waren schwer zu bekommen und außerdem teuer. Und so mühselig es war, sie aufzutreiben, so schnell gingen sie zu Bruch.


„Kohlenklau“
Karneval 1963 konnte die Mangelwirtschaft nicht so leicht überlistet werden. Der Winter war grimmig und die Brennmaterialien knapp. Aller Einsatz des Elferrates half nichts, der Karnevalspalast, damals das Deutsche Haus und spätere Schützenhaus, blieb kalt. Die Karnevalsveranstaltungen mußten abgesagt werden. In einem beheizten Stübchen feierten Elferrat und Garden im kleinsten Kreise. In die Geschichte ging diese Saison unter dem Namen „Kohlenklau“ ein.


Närrisches Treiben mit Tradition - Vom Sportlermaskenball zum Lübzer Karneval


Kostümbälle feierten die Lübzer schon im 19. Jahrhundert, aber spätestens seit 1954 ein „Sechserrat“ zum 1. Lübzer Karneval einlud, ist das närrische Treiben aus unserer Stadt nicht mehr wegzudenken.


Die Lübzer hatten schon immer Spaß am Feiern, Maskieren und Kostümieren. Bereits im 19. Jahrhundert gab es in der Eldestadt rauschende Kostümbälle, das belegt eine Annonce der Norddeutschen Post von 1875. Am 2. Februar 1929 feierte der Lübzer Sportverein den „Höhepunkt der Karnevalszeit” mit einem Maskenball unter dem Motto „An Bord Seiner Majestät Schiff Prinz Karneval”. Die Sportlermaskenbälle zählten in den folgenden Jahren immer zu den beliebtesten Veranstaltungen der Lübzer. Nach dem Zweiten Weltkrieg griffen die Lübzer Sportfreunde diese Tradition wieder auf.

1953 kamen einige Mitglieder der Betriebssportgemeinschaft „Empor“ Lübz dann auf die Idee, den Sportlermaskenball in eine „richtige“ Karnevalsveranstaltung umzuwandeln. Schon im Jahr darauf, im Februar 1954, marschierten die Organisatoren Karl-Heinz Ihde, Ewald Kühn, Georg, gen. Schorsch Schefter, Walter Bruhn, Günther Albrecht und Erich Lesk als „Sechserrat” zum 1. Lübzer Karneval im bunt geschmückten Karnevalspalast ein. Spätestens seit diesem denkwürdigen Ereignis gilt: Wer Lübz sagt, muss nicht nur Bier, sondern auch Karneval sagen!


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